Steht Facebook über dem Gesetz?

Dienstag, 30.03.2021
Autor: Red. LG

Schafft Facebook eine Art eigene Gerichtsbarkeit? Das Bundesverfassungsgericht entschied am hierzu am 22.05.2019 über einen Streit zwischen einer deutschen Partei und Facebook wegen Kontosperrung – von Valentin Schulte Volkswirt & stud. iur bei der Rechtsanwaltskanzlei Dr. Thomas Schulte, Berlin.

Der amerikanische Konzern Facebook scheint sich bei strittigen Beiträgen oder Äußerungen nicht auf das deutsche Rechtssystem verlassen zu wollen. Solche Beiträge werden nach einem internen System überprüft und abgeurteilt. Die Strafen sind hierbei nicht wie Strafgesetzbuch vorgegeben Gefängnis- oder Geldstrafe, sondern verbannen Betroffene aus dem digitalen Reich. Dieser Ausschluss kann zeitweise oder endgültig erfolgen.

Das deutsche Rechtssystem stößt an seine Grenzen

Valentin Schulte / Kanzlei Dr. Schulte - Steht Facebook über dem Gesetz?

Valentin Schulte / Kanzlei Dr. Schulte – Steht Facebook über dem Gesetz?

Es ist zu beobachten, dass ein Großteil des Internets von wenigen amerikanischen Unternehmen beherrscht werden, zu denen auch das kalifornische Unternehmen Facebook gezählt wird. Weitere bekannten Marken des Facebook Konzerns sind Whatsapp und Instagram. Über die angebotenen Plattformen werden allerdings nicht mehr nur Urlaubsbilder anderen Menschen zugänglich gemacht. Facebook ist mittlerweile eine gefragte Werbeplattform oder wird zur politischen Meinungsbildung genutzt.

Nun gilt In Deutschland deutsches Recht. Das Rechtssystem stößt allerdings bei international agierenden Konzernen an seine Grenzen. So führt Facebook die europäischen Geschäfte über die Facebook Ireland Ltd. mit Sitz in Dublin. Dies hat zur Folge, dass für dieses Unternehmen zumindest die rechtlichen Regeln der europäischen Union gelten. Ermittlungen deutscher Staatsanwälte stoßen jedoch bei Beteiligten, die nicht über einen ladungsfähige deutsche Adresse verfügen schnell an ihre Grenzen. Eine Einstellung von Verfahren ist zumeist die Folge.
Generell ist zu sagen, dass sich das Geschäftsmodell von Facebook schwer mit den aufstrebenden Datenschutzbedenken der Europäischen Union in Einklang bringen lassen. So ist die Werbung bei Facebook vor allem so erfolgreich, weil sie sehr an die jeweilige Zielgruppe angepasst werden kann. Facebook kennt seine Nutzer sehr gut und weiß in den meisten Fällen, was dem jeweiligen Nutzer angeboten werden muss, um Waren oder Dienstleistungen erfolgreich zu verkaufen. Datenschutzbedenken stehen dem natürlich im Wege. Je besser Facebook seine Nutzer kennt, desto besser zahlen die Werbekunden. Dies ist betriebswirtschaftlich nachvollziehbar.

Facebook schafft eigene Gerichtsbarkeit

Facebook Beiträge können nach der Veröffentlichung von anderen Nutzern gemeldet werden, um intern bei Facebook überprüft zu werden. Die Entscheidung der Facebook Mitarbeiter ist dann zumeist bindend und hat entweder die Kontosperrung oder ein Weiterlaufen des Kontos zur Folge. Dies scheint aber nicht gerecht zu sein. Klar ist, dass auch für Facebook als ein privates Unternehmen Vertragsfreiheit besteht, das Unternehmen also selbst entscheiden darf ob und wem Konten bei den eigenen Plattformen zur Verfügung gestellt werden. Allerdings hat Facebook eine sehr starke Marktstellung, ein Ausweichen auf Konkurrenz Plattformen ist somit nicht ohne weiteres möglich. Das Bundesverfassungsgericht entschied am hierzu am 22.05.2019 über einen Streit zwischen einer deutschen Partei und Facebook wegen Kontosperrung (1 BvQ 42/19). Die antragstellende Partei scheint politisch dem rechten Spektrum zuordenbar zu sein und nutze einen Facebook Account für die Verbreitung von politischen Botschaften. Facebook sperrte den Account daraufhin und veranlasste nach einer Beschwerde der Partei sogar die Löschung des Accounts. Die Partei berief sich auf Artikel 3 des Grundgesetzes (Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz) und verlangte Gleichbehandlung im Vergleich zu anderen Parteien. Art. 3 GG wird den Grundrechten zugerechnet. Grundrechte sollen das Verhältnis zwischen den Bürgern und dem Staat regeln. Eine Anwendung zwischen Privaten ist normalerweise nicht vorgesehen. Das Bundesverfassungsgericht geht jedoch bei einer “spezifischen Situation” davon aus, dass Grundrechte auch in diesem Fall mittelbar Wirkung entfalten können. Dies hat zur Folge, dass Facebook den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten und somit den Account entsperren musste.

An diesem Urteil hat sich gezeigt, dass die Entscheidungen Facebooks nicht widerstandslos hingenommen werden müssen. Sperrungen des Facebook Accounts können gerichtlich überprüft werden, was eine Verbesserung der Rechtssicherheit für die nutzer darstellt. Sollte es zu einer Kontosperrung kommen, ist es Betroffenen zu raten, einen Rechtsanwalt aufzusuchen.

V.i.S.d.P.:

Valentin Markus Schulte
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