„Tinder Schwindler Simon Leviev“ oder Rechtsprobleme bei einseitigen ökonomischen Interessen

Freitag, 18.02.2022
Autor: Red. LG

Februar 2022/ Globale Aufmerksamkeit erreicht eine Dokumentation bei dem Bezahlsender „Netflix“ über den „Tinder Schwindler“ Simon Leviev, der systematisch Frauen trickreich um ihr Vermögen gebracht haben soll. Der Tinder Schwindler hinterliess bei seinen Opfern neben den finanziellen Verlusten psychische Schäden. „Du kannst mit nichts mehr betrogen werden als mit Menschenfleisch“ lautet ein Merkspruch der Alten.

Schöne Menschen, Geld und Liebe – Mixtur eines Betrugssystems

„Der Tinder-Schwindler ist ein Dokumentarfilm von Felicity Morris über die wahre Geschichte des Hochstaplers und Betrügers Simon Leviev. Er bestritt mit Romance Scam über die App Tinder seine Luxusausgaben und gab sich so als Milliardär aus.“ Quelle Wikipedia. Diese Art von Betrüger sucht die emotionale Nähe seiner Opfer („ich liebe Dich“)und gaukelte dann Notlagen aus…., die Frauen gaben bereitwillig Mittel für den angeblichen Milliardär. Der Tinder Schwindler hatte eine spezielle Masche, die besonders erfolgreich war. Viele andere Betrugsmodelle laufen auch heute und immer wieder gibt es neue Opfer.

Jenseits des Tinder Schwindlers – Rechtsprobleme in Deutschland

Auch in der Rechtspraxis in Deutschland  gibt es häufig Rechtsfälle bei Partnerschaften mit extremen ökonomischem Gefälle oder einfach Betrügereien, die auf einer emotionalen Ebene eine Täuschung enthalten. Für den einen LIEBE, für den anderen Business. Daher wird diese Betrugsart auch Bezness genannt.  Typische Beispiele der Rechtspraxis: eine Urlauberin – ökonomisch höherstehend – kommt mit einem Mann, welche geografisch aus einer weniger begünstigten Weltregion kommt, in Kontakt. Vonseiten der Frau entsteht Liebe (jedenfalls eine Beziehung seelischer und/oder körperlicher Art), die von dem Mann nicht erwidert wird. Dieser hat es auf ökonomische oder sonstige Vorteile (Geld und/oder Umzug in eine bessere Region) abgesehen. Es handelt sich demgemäß um ein fundamentales Missverständnis. Ähnlich schleichen sich Betrüger*innen online heran, sei es über Social-Media-Kanäle wie Facebook oder Datingportale.

Opfer Frauen – Täter Männer – JA und NEIN?

Frauen definieren sich nach der Aufdeckung als emotionales und finanzielles Opfer eines Liebes-Betruges. In der Praxis kommen finanzielle Transfers von mehreren hunderttausend Euro vor, je nach wirtschaftlicher Potenz und Überzeugungskraft des Täters. Rechtliche Probleme aller Art entstehen durch eine solche Enttäuschung. Stichworte: Scheidung, Kindeswohl, Rückforderung von Leistungen, Ausländerrecht, Strafrecht sowie Gewaltschutzrecht spielen eine Rolle. Diese Konstellationen können natürlich in jeder Beziehung und überall auf der Welt vorkommen. Die Besonderheit ist häufig die tiefe emotionale Traumatisierung der Opfer. Statistische Zahlen fehlen – ein Anhaltspunkt –  Scheidungen gibt es pro Jahr ungefähr 10.000 in dem Bereich Deutsche und Ausländer. Beispiel Tunesien: Jedenfalls in Tunesien werden jedes Jahr 1.800 solcher Fälle registriert., bei denen sich Frauen bei den Behörden vor Ort beschweren. In anderen Ländern wie Ägypten oder der Türkei sind die Zahlen ähnlich. Häufig handelt sich es schlicht und einfach um eine Straftat des Betruges, die nach § 263 Strafgesetzbuch unter Strafe steht. Es ist im Grunde egal, ob jemand getäuscht wird, durch eine geschickte Lüge mit und ohne Sympathie für den Täter in dem Täuschungs-Moment. Das Gesetz spricht von ganz neutral von einem Irrtum und einer Vermögensverfügung des Opfers.

Die Rechtslage ist unterschiedlich – spielt die „Beziehung“ in Deutschland oder ist der Täter im Ausland

Grundsätzlich gilt: die Wege der Liebe sind unergründlich. Jeder kann und darf mit Personen zusammen kommen, die ökonomisch unterschiedliche Hintergründe haben. Wenn es aber zu Betrügereien kommt und Geld abgezockt wird, dann gelten folgende Tipps:

Täter und Opfer im Inland – Tatort Deutschland

Tipps für die Schockphase: sofort psychologische Hilfe suchen, Beweise sichern und ggf. Abbruch des Kontaktes. Damit der Kontaktabbruch akzeptiert wird auch an einer Gewaltschutzanordnung nach dem Gewaltschutzgesetz denken zu sein. Gemäß § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch i.V.m dem Gewaltschutzgesetz kann einem solchen Täter untersagt werden,

  1. die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
  2. sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
  3. zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,
  4. Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen,
  5. Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen.

Zudem ist an einer Strafbarkeit wegen Betruges zu denken. Dann muss der Täter Schadenersatz zahlen. Wenn es nicht ein klassischer Betrug ist, sondern grober Undank gilt. Die Rückführung von Geschenken kann mittels einer Klage wegen § 530 Abs. 1 Bürgerlichen Gesetzbuch versucht werden. Die Rechtsprechung ermöglicht es einem Schenker ein Geschenk zurückzufordern wegen groben Undanks. Das ist nach dem Bundesgerichtshof auch möglich, bei extremen Mißverständnissen der Beziehungssituation, siehe zum Beispiel des Urteil mit dem Aktenzeichen X ZR 80/11 des Bundesgerichtshofs.

Hier für das Gericht aus:

„Nach § 530 Abs. 1 BGB kann der Schenker die Schenkung widerrufen, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undankes schuldig macht. Dieses die grundsätzliche Unwiderruflichkeit eines Schenkungsversprechens durchbrechende Recht knüpft an die Verletzung der Verpflichtung zu einer von Dankbarkeit geprägten Rücksichtnahme auf die Belange des Schenkers an, die dieser vom Beschenkten erwarten kann (BGH, Urteil vom 24. März 1983 – IX ZR 62/82, BGHZ 87, 145, 148). Entscheidend für die Annahme groben Undanks gegenüber dem Schenker ist mithin, ob der Beschenkte diesen Erwartungen in nicht mehr hinnehmbarer Weise nicht genügt hat (BGH, Urteil vom 19. Januar 1999 – X ZR 60/97, NJW 1999, 1623). Der Widerruf setzt deshalb nicht nur objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus, sondern es ist ferner erforderlich, dass die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten ist, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten darf (BGH, Urteil vom 11. Juli 2000 – X ZR 89/98, BGHZ 145, 35, 38; Urteil vom 11. Oktober 2005 – X ZR 270/02, FamRZ 2006, 196). Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (BGHZ 87, 145, 149; BGH, Urteil vom 23. Mai 1984 – IVa ZR 229/82, BGHZ 91, 273, 278; BGH, FamRZ 2006, 196). Sie sind daraufhin zu untersuchen, ob und inwieweit erkennbar wird, dass der Beschenkte dem Schenker nicht die durch Rücksichtnahme geprägte Dankbarkeit entgegenbringt, die der Schenker erwarten kann. Anhaltspunkte dafür, was der Schenker an Dankbarkeit erwarten kann, können dabei neben dem Gegenstand und der Bedeutung der Schenkung auch die näheren Umstände bieten, die zu der Schenkung geführt und deren Durchführung bestimmt haben (BGH, NJW 1999, 1623, 1624).”

Die typischen Probleme einer Scheidung stellen sich im Falle einer vorhergehenden Eheschließung; nebst Fragen des Kindschaftsrechts. Generell gilt, dass juristische Konstellationen, die im Inland spielen, wesentlich einfacher zu regeln sind als Fälle mit Auslandsbezug.

Opfer in Deutschland, Täter und Vermögen im Ausland – Tatort Ausland

Große praktische Probleme machen Konstellationen, bei denen das Opfer in Deutschland sitzt und der Täter und das übertragene Vermögen im Ausland. Die Rechtsdurchsetzung erweist sich wegen der sprachlichen Barrieren und der juristischen Unterschiede als schwierig und kostenintensiv. Insbesondere Beweisprobleme und Treuhandkonstruktion – Grundstücksgeschäfte (!) – erschweren die Rückführung von Leistungen weiter. Die Täterkreise haben sich professionalisiert. Tinder Schwindel und sonstige Betrugsarten ist ein Business und Tätergruppe, die sehr aufwendig einen Vermögenszuwachs geschaffen haben, wollen diese Vermögenswert auch unter anwaltlichen Druck nicht (einfach) herausgeben. Tipps hier:

  1. Verbündete im Kreis der Freunde und Verwandten des Täters suchen
  2. Prüfung, ob Verhandlungen sinnvoll sind.
  3. Beweise sichern
  4. Realistische rechtliche Ziele wählen
  5. Einschaltung eines zuverlässigen ausländischen Rechtsanwalts vor Ort
  6. Detektei einschalten.

Die Gründerin der Internetseite, Evelyne Kern, http://www.1001geschichte.de hat hunderte von Geschichten gesammelt, die aus Opfersicht Fälle aller Art schildern, da ist der Tinder Schwindler nur eine Fallkonstellation, wenn auch eine besonders publikumswirksame.

V.i.S.d.P.:

Dr. Thomas Schulte

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